02.06.18: Kritik zum Tag der Organspende 2018: Hirntote sind Lebende!
Am Samstag, 2. Juni 2018, ist „Tag der Organspende“ mit der zentralen Veranstaltung in Saarbrücken. Unter dem Motto „Richtig. Wichtig. Lebenswichtig“ wird der Tbilisser Platz laut Veranstalter „zum Treffpunkt des Lebens“.
Es gibt Info-Pavillons, begehbare Lungen-, Nieren- und Lebermodelle, ein Bühnenprogramm mit Musik und Gesprächen sowie Mitmach-Aktionen für die ganze Familie. Experten und Betroffene beantworten Fragen rund um die Organspende und Transplantation. Die Schirmherrschaft hat Tobias Hans, Ministerpräsiden des Saarlandes, übernommen.
Der Tag der Organspende 2018 beginnt mit einem ökumenischen Dankgottesdienst in der Ludwigskirche. Monika Bachmann, Ministerin für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie des Saarlandes und Charlotte Britz, Oberbürgermeisterin der Landeshauptstadt Saarbrücken eröffnen das Bühnenprogramm mit prominenten Künstlern wie Fools Garden, José Valdes, Claudia Jung, OQmanSolo, Elaiza, Detlev Schönauer und weiteren Künstlern.
Gespräche auf der Bühne mit ARD-Moderator Dennis Wilms und SR-Moderatorin Sonja Marx und viele Aktionen zur Organgesundheit in und um die Themenzelte herum runden das Informationsangebot ab.
Einseitiger Blick nur auf die Empfänger von Organen und den angeblichen Nutzen
Anläßlich des Tages der Organspende am 02.06.18 kritisierte der Verein Kritische Aufklärung über Organtransplantation (KAO) e.V. in einer Presseaussendung, dass in den offiziellen Verlautbarungen zum Thema Organspende der Blick nur auf die Empfänger von Organen und den angeblichen Nutzen für sie gerichtet wird.
KAO ist ein Verein, gegründet von Eltern, die ihre verunglückten Kinder zur Organspende freigegeben haben, ohne die Hintergründe zu diesem Zeitpunkt genau genug zu kennen und ihre Entscheidung bitter bereut haben.
Sollten die Menschen, die man als „Organ-Spender“ zu gewinnen sucht, nicht wissen worauf sie sich einlassen?
„Meine Einwilligung zur Organspende bedeutet im Ernstfall für mich: Wenn ich mir eine Skala der Sterbensarten vorstelle, steht auf der einen Seite das, was man als hospizliches Sterben bezeichnen könnte: Nach meinen Bedürfnissen versorgt, umgeben von vertrauten Menschen, kann ich auf meine eigene Weise sterben. Ohne Hektik und ohne für mich unnötige und belastende Behandlungen, die allein auf den späteren Empfänger ausgerichtet sind.
Auf der anderen Seite dagegen steht der Tod durch Entnahme meiner Organe. In einer mehrstündigen Operation, beim Atmen mechanisch unterstützt, mit schlagendem Herzen, aufgesägt, umgeben von Entnahme Teams, denen meine eventuellen Schmerzen gleichgültig sind, die nach der OP mit meinen Organen davoneilen und mich ausgenommen zurücklassen. Das einzige, was mich davon abhält, bei solch einer Vorstellung schreiend davonzulaufen, ist die Behauptung der Transplantationsmedizin, ich sei schon tot“, erklärte KAO in der Mitteilung.
Internationale Hirntod-Konferenz 2018
Diese Behauptung sei jedoch schon vielfach widerlegt worden. Jetzt sogar in der Institution, die den Hirntod 1968 ins Leben gerufen hat: Im April 2018 fand an der Harvard Medical School in Boston eine Internationale Hirntod-Konferenz statt, an der die KAO-Vorsitzende Renate Greinert teilgenommen hat. Dort war dem Bericht zufolge davon die Rede, dass es derzeit in den USA eine Klagewelle von Angehörigen wegen fragwürdiger Hirntoddiagnosen gibt.
Aufgeschreckt habe die Wissenschaft der Fall der Jahi McMath, die nach einer formal richtigen Hirntoddiagnose seit viereinhalb Jahren im Koma liegt und jetzt auf Ansprache reagiert. Besorgt fragten sich die Wissenschaftler wie man nun der Öffentlichkeit vermitteln könnte, dass – anders wie bisher offiziell behauptet – der Hirntod nicht mit dem Tod des Menschen gleichzusetzen ist. Ein Paradigmenwechsel.
Debatte um Einführung der Widerspruchslösung bei Organspende
„In Deutschland dagegen leugnet man die aktuelle Hirntod-Kontroverse in der Wissenschaft. Außerdem ignoriert man die zunehmenden juristischen Bedenken von Medizinrechtlern, Ethikern und Ärzten an der Legitimation einer „spendezentrierten“ – und nicht mehr „patientenzentrierten“ Therapie vor der Hirntoddiagnostik“, so KAO.
Sie verwiesen darauf, dass bereits 2015 der Deutsche Ethikrat in seiner Stellungnahme gefordert hatte, dass diese sogenannten „organprotektiven Maßnahmen“ allein zu Gunsten des späteren Empfängers vor der Hirntodfeststellung dringend gesetzlich geregelt werden müssen. „Passiert ist seitdem nichts, dabei handelt es sich eindeutig um eine unhaltbare rechtliche Grauzone“, so die Organspende-Kritiker.
KAO machte darauf aufmerksam, dass ungeachtet all dessen jetzt interessierte Kreise die sogenannte Widerspruchslösung durchpauken wollen. Das heißt jeder, der nicht offiziell widerspricht, ist dann potentieller Organspender. Mit allen Mitteln solle die deutliche Zurückhaltung der Bevölkerung in Punkto Einwilligung zur Organspende ausgehebelt werden.
Ergänzende Informationen:
Harvard Bioethik Konferenz 2018 — Den Tod definieren
Medizinische Fakultät von Harvard — Zentrum für Bioethik
Organtransplantation und das 50-jährige Erbe des Harvard Berichts zum Hirntod
Rachel Aviv in The New Yorker — Was bedeutet es zu sterben?
Deutsche Übersetzung von Renate Focke
Als Jahi McMath in der Klinik für hirntot erklärt wurde, akzeptierten ihre Angehörigen das nicht. Ihr Fall stellt die bloße Natur des Daseins in Frage.
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