21.02.12: Besondere Veranstaltungshinweise zur Organspendedebatte für März 2012
Im März gibt es zwei besonders erwähnenswerte Veranstaltungen zur Organspende-Debatte. Hintergrund ist die angestrebte Änderung der Organspenderegelung und die Debatte um den Hirntod als Kriterium für eine Organentnahme.
- 21. März 2012, Berlin: Forum Bioethik: „Hirntod und Organentnahme. Gibt es neue Erkenntnisse zum Ende des menschlichen Lebens?“
Veranstalter: Deutscher Ethikrat
- 23. – 24. März, Essen: Tagung „Organspende – gesellschaftlich umstritten, öffentlich undurchschaubar, politisch gefördert“
Veranstalter: BioSkop e.V. und Hospizverein Omega e.V.
Nachfolgend finden Sie die ausführlichen Informationen zu den jeweiligen Veranstaltungen.
21. März 2012, Berlin: Forum Bioethik: „Hirntod und Organentnahme. Gibt es neue Erkenntnisse zum Ende des menschlichen Lebens?“
Vorträge mit anschließender Diskussion
Veranstalter: Deutscher Ethikrat
Ort: Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Leibniz-Saal
Markgrafenstraße 38
10117 Berlin
Zeit: 18:00 Uhr s. t.
Zum Inhalt: (Quelle: Deutscher Ethikrat)
Die Entnahme von lebensnotwendigen Organen ist nach dem geltenden Transplantationsrecht nur zulässig, wenn der Tod des Organspenders festgestellt wurde. Der Nachweis des Todes entspricht dem Erkenntnisstand der medizinischen Wissenschaft. Als Organspender kommen nur Personen infrage, bei denen der Hirntod – gemeint ist der Zustand des irreversiblen Ausfalls aller Hirnfunktionen – einwandfrei
festgestellt wurde.
Nicht erst seit der Veröffentlichung eines White Paper des President’s Council on Bioethics in den USA im Jahre 2008 ist die Debatte darüber, ob hirntote Menschen tatsächlich tot sind, erneut in den Fokus der Öffentlichkeit geraten.
Unstrittig ist, dass mit dem Hirntod der irreversible Verlust aller Hirnfunktionen einhergeht. Allerdings können aufgrund intensivmedizinischer Behandlungsmöglichkeiten andere Körperfunktionen aufrechtererhalten werden. Berichte über Reaktionen auf Schmerzreize und die Möglichkeit der Fortführung einer Schwangerschaft werfen Fragen auf, inwieweit der Hirntod tatsächlich den Tod des Menschen
markiert oder ob er nur einen unumkehrbaren Sterbeprozess einleitet.
Der Deutsche Ethikrat möchte die Öffentlichkeit über die aktuelle Debatte informieren, mit den eingeladenen Experten in einen interdisziplinären Diskurs eintreten, an dem auch das Publikum beteiligt werden soll. Dabei ist der Frage nachzugehen, wie im Spannungsfeld zwischen der Notwendigkeit der Organtransplantation und dem Schutz der Menschenwürde ein ethisch gebotener und verantwortungsvoller Umgang mit hirntoten Menschen aussehen kann.
Im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen folgende Aspekte:
- Gibt es neue Erkenntnisse zum Ende des menschlichen Lebens?
- Sollte die Praxis der Organentnahme überdacht werden?
- Welche moralischen Verpflichtungen haben wir gegenüber hirntoten Menschen?
Programmablauf:
18:00 bis 19:00 Uhr
Medizinische Betrachtung des Hirntods
– Prof. D. Alan Shewmon, MD, UCLA Medical Center
– PD Dr. med. Stefanie Förderreuther, Ludwig-Maximilians-Universität München
Fragen aus dem Publikum
19:00 bis 20:45 Uhr
Ethische Betrachtung des Hirntods
– Prof. Dr. phil. Ralf Stoecker, Universität Potsdam
– Prof. Dr. phil. Michael Quante, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Podiumsdiskussion
Teilnehmer:
- Prof. Dr. phil. Ralf Stoecker, Universität Potsdam
- Prof. Dr. phil. Michael Quante, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
- Prof. Dr. med. habil. Dr. phil. Dr. theol. h. c. Eckhard Nagel, Mitglied des Deutschen Ethikrates
- Prof. Dr. theol. Eberhard Schockenhoff, Stv. Vorsitzender des Deutschen Ethikrates
Moderation: Prof. Dr. phil. Volker Gerhardt, Mitglied des Deutschen Ethikrates
Diskussion mit dem Publikum
Anmeldung erforderlich bis zum 14. März 2012 unter www.ethikrat.org/veranstaltungen/forum-bioethik/anmeldung
23./24. März, Essen: Tagung „Organspende – gesellschaftlich umstritten, öffentlich undurchschaubar, politisch gefördert“
Ort: Kulturzentrum GREND
Westfalenstraße 311
45276 Essen-Steele
Veranstalter: BioSkop e.V. und Hospizverein Omega e.V.
Zum Inhalt: (Quelle: Veranstalter)
Krankenkassen, Transplantationszentren, private Einrichtungen und staatliche Behörden werben – gut finanziert und aller Orten – für Organspenden. Wer noch keinen Spendeausweis hat, gilt als unzureichend aufgeklärt, nachlässig oder wenig hilfsbereit. Sinkende Organspenderaten werden einer reformbedürftigen Gesetzgebung angelastet. Die geschätzte Zahl ausgefüllter oder verteilter Spendeausweise wird als Erfolg oder Misserfolg der „Aufklärung“ verstanden. Die meisten Ausweisträger/innen werden nie ein Körperteil spenden. Es muss wirklich gestorben werden – unter Erfüllung der geltenden Hirntod-Kriterien.
Es gibt viele Fragen, die weitab von Vokabeln wie „Hilfsbereitschaft“ oder „Organspende nach dem Tod“ zu bedenken sind und berechtigte Skepsis am Transplantationswesen hervorrufen:
- Verdient das öffentliche Werben um Organspende das Attribut „aufklärend“?
- Welche Botschaften werden in den Kampagnen verbreitet?
- Ist der Hirntod sicher diagnostizierbar und mit dem Tod gleichzusetzen?
Verteilung und Qualitätssicherung im Transplantationswesen werden als transparent und sozial gerecht dargestellt. Die Kriterien der Verteilung sind aber stark umstritten und werden ständig verändert.
- Wird wirklich kontrolliert, wer ein Organ nach welchem Urteil bekommt?
- Wer prüft, ob es den wartenden Patienten hilft, wenn zunehmend Organe auch von alten und kranken Spendern transplantiert werden?
Allein der Mangel an Organen soll problematisch sein und für viele in den „Tod auf der Warteliste“ führen. Unerwähnt bleibt in der Regel: Menschen sterben an ihren Krankheiten, auch auf der Warteliste. International sind gefahrvolle Entwicklungen zu beobachten, beispielsweise die Ausweitung der Lebendorganspende und deren Kommerzialisierung, in Nachbarländern werden Organe von Herztoten oder auch euthanasierten Patienten verpflanzt.
Das deutsche Transplantationsgesetz soll noch in diesem Jahr geändert werden. Welche politischen Vorschläge liegen auf dem Tisch?
All diese Entwicklungen aufzuzeigen und Fragen nach staatlicher Kontrolle und zivilgesellschaftlichem Durchblick im wenig transparenten Gebiet der Transplantationsmedizin zu stellen, das ist Ziel der Tagung.
Programm:
Freitag, 23. März 2012, 19.30 – 22.00 Uhr
Öffentlicher Vortrag und Diskussion mit Martina Keller (Journalistin, Hamburg):
Die Kontroverse um den „Hirntod“ und internationale Entwicklungen im Transplantationswesen
Moderation: Erika Feyerabend (BioSkop)
Samstag, 24. März 2012, 9.00 – 19.00 Uhr
Seminar (Anmeldung erforderlich)
9.00 – 9.15 Uhr
Erika Feyerabend (BioSkop): Begrüßung und Einführung
9.15 – 10.45 Uhr
Mona Motakef (Sozialwissenschaftlerin, Genderforschung Universität Essen/Duisburg): Problematische Aufklärung und neue Körperverhältnisse
10.45 – 11.15 Uhr Pause mit Imbiss
11.15 – 12.45 Uhr
Gisela Meyer (Initiative Kritische Aufklärung Organtransplantation, Bad Bodendorf): Die Sicht der Angehörigen von Organspendern
12.45 – 14.00 Uhr Mittagspause mit Imbiss
14.00 – 15.30 Uhr
Heinrich Lang (Juraprofessor, Uni Greifswald): Kontrolldefizite im Transplantationssystem und Pläne zur Änderung des Transplantationsgesetzes
15.30 – 16.00 Uhr Kaffeepause
16.00 – 17.30 Uhr
Arbeitsgruppen
– AG I Öffentlich einmischen – aber wie?
– AG II Vernetzung kritischer Positionen
17.30 – 18.00 Uhr Vorstellung der AG-Ergebnisse
18.00 – 19.00 Uhr
Podiumsdiskussion mit Referent(inn)en:
Politische Konsequenzen der Kritik
Moderation: Erika Feyerabend (BioSkop)