16.12.11: Vertrauliches Gutachten bescheinigt nur geringes Potential zur Erhöhung der Organspenderzahlen

16.12.11: Vertrauliches Gutachten bescheinigt nur geringes Potential zur Erhöhung der Organspenderzahlen

In der Debatte um eine Neuregelung der Organspende sorgt ein vertrauliches Gutachten des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) für neuen Zündstoff. Aus dem inoffiziellen und bereits 2009 von der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) in Auftrag gegebene Gutachten geht hervor, dass das Potential, die Organspende in Deutschland zu steigern, weit geringer ist, als bisher angenommen.

Wie neben diversen Tageszeitungen u. a. der Berliner Tagesspiegel online am 15.12.11 berichtete (siehe unten), sind demnach ursächlich für die geringe Zahl an Organspendern weniger organisatorische Defizite in den Kliniken als der „Widerstand von Angehörigen, die zunehmende Bedeutung der Palliativmedizin und die hohe Zahl von Patientenverfügungen.“ Dabei wehren sich offenbar immer mehr Patienten gegen eine Intensivmedizin und Lebensverlängerung um jeden Preis. Eine intensivmedizinische Behandlung für Organspender nach Feststellung des Hirntodes ist aber notwendig, um die Organe möglichst frisch zu halten. D.h. Hirntote werden u. a. weiter beatmet und behandelt, bis die Organentnahme erfolgt ist.

Bundestags-Expertengespräch zu Kritikvorwürfen gegen die DSO

Symbolbild OrganspendeDas in den Medien diskutierte Gutachten dürfte der DSO denkbar ungelegen kommen, zumal der Vorstand der Stiftung seit Mitte Oktober u. a. wegen seines Führungsstils von Mitarbeitern angeprangert wird.

In einer anonymen Rundmail vom 07.10.11, die laut diverser Medienberichte u. a. an Gesundheitsminister Daniel Bahr und Abgeordnete des Gesundheitsausschusses, Vertreter von Krankenkassen sowie Ärzte in den Transplantationszentren ging, warfen angebliche Mitarbeiter der DSO dem Vorstand „Führungsstil nach Gutsherrenart“, „Vetternwirtschaft und Selbstbedienungsmentalität“, Mobbing, Konzeptlosigkeit und Verschwendung von Krankenkassengeldern vor. In dem Schreiben wird dem Vorstand zudem vorgeworfen, damit mit Schuld an den diesjährigen erheblich gesunkenen Organspendezahlen zu sein (siehe Themenspecial vom 15.10.11: Schwere Vorwürfe gegen Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation DSO – "Vetternwirtschaft und Selbstbedienungsmentalität"?).

Wie die Tageszeitung taz am 17.12.11 berichtete, beschäftigt sich das Parlament demnächst mit den Vorwürfen gegen die DSO. Dem Blatt zufolge haben die Obleute des Gesundheitsausschusses im Deutschen Bundestag diese Woche beschlossen, zur Klärung ein Expertengespräch für Ende Februar oder Anfang März einzuberufen, bei dem auch ehemalige DSO-Mitarbeiter gehört werden sollen.

Derzeit arbeiten Abgeordnete aller Bundestagsfraktionen an einem gemeinsamen Gruppenantrag, wonach jeder Bürger und jede Bürgerin über die Krankenkassen oder bei Ausgabe von Passdokumenten zum Thema Organspende befragt werden und sich dafür oder dagegen entscheiden soll. Auch eine Nichtentscheidung soll akzeptiert werden. Unklar ist dabei noch, wieviel Druck ausgeübt werden soll, wenn jemand sich nicht entscheiden will bzw. auf Anfragen nicht reagiert.

Ein konkreter Gesetzentwurf, der für Ende Dezember 2011 angekündigt war, liegt bislang noch nicht vor. Die Fraktionen bekundeten lediglich Ende November ihre Absicht, sich gemeinsam zu einigen (siehe das Themenspecial vom 25.11.11 unten). Wenn man den Ausführungen des Gutachtens folgt, dürfte dieser Gesetzesvorstoß trotz allen Ringens um einen Kompromiss jedoch wenig am Kern des Problems der stagnierenden bzw. sinkenden Organspenderzahlen ändern.

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