Organspende Aufklärung, Entscheidung pro oder contra

12.05.12: Regierung gegen verbindliche Richtlinien für Angehörigengespräche bei postmortaler Organspende

12.05.12: Nichts hören, nichts sehen, nichts ändern – Regierung gegen verbindliche Richtlinien für Angehörigengespräche bei Organspenden

Bild AntwortDie Bundesregierung hält die Schaffung allgemein verbindlicher Richtlinien für den Ablauf von Angehörigengesprächen bei postmortalen Organspenden nicht für empfehlenswert. „Die im Zusammenhang mit einer möglichen Organspende stehenden individuellen und komplexen Detailfragen“ könnten darin nicht abgebildet werden, heißt es in der jetzt veröffentlichten Antwort der Regierung vom 16.04.12 auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag.

Wie die Grünen zum Hintergrund ihrer Anfrage erläutern, hat die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) Leitlinien für die Durchführung von Angehörigengesprächen veröffentlicht. Danach sind eine stabile Entscheidung der Angehörigen herbeizuführen, deren Entscheidung zu respektieren und manipulative Momente zu unterlassen. Die Stiftung ist die nach dem Transplantationsgesetz beauftragte Koordinierungsstelle für die Organspende in Deutschland. Nach diversen Zeitungsberichten unter anderem in der Tageszeitung taz, sei es allerdings fraglich, wie ergebnisoffen die Gesprächsführung wirklich verläuft.

„Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass auch andere Empfehlungen der DSO in der Praxis vielfach nicht beachtet werden. Zudem gibt es keine verbindlichen Vorgaben, dass diese Gespräche erst nach Feststellung des Hirntodes stattfinden dürfen. Damit ist der Rahmen für Angehörigengespräche bei postmortalen Organspenden sowohl rechtlich wie auch praktisch unsicher“, heißt es in der Vorbemerkung der Fragesteller.

Die Regierung erklärte dazu in ihrer Antwort, sie halte über das Transplantationsgesetz hinausgehende Regelungen für „weder erforderlich noch sächlich angezeigt“. Zur Frage des Zeitpunktes der Gespräche und ob diese auch schon vor Feststellung des Hirntodes stattfinden, heißt es, es sei möglich, bereits im Vorfeld einer Hirntoddiagnostik „abstrakt über eine mögliche Organspende zu sprechen“. „Allerdings ist ein Angehörigengespräch mit dem konkreten Ziel der Klärung, ob der mögliche Organspender eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende abgegeben hat und wie deren Inhalt aussieht, aufgrund der Regelung des § 7 TPG erst nach Feststellung des Hirntodes zulässig“, betonte die Regierung.

Keine Erkenntnisse zu manipulativen Methoden bei Angehörigengesprächen

Nach Auffassung der Bundesregierung sollten die Angehörigengespräche ergebnisoffen sein. Der Regierung lägen mit Blick auf aktuelle erwähnte Berichte „keine Erkenntnisse“ darüber vor, dass die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) in ihren Schulungen eine Ausrichtung der Angehörigengespräche auf eine Zustimmung zur Organspende empfiehlt. Nach ihrer Kenntnis biete die DSO zu Angehörigengesprächen auch keine Schulungen nach der umstrittenen Methode des Neurolinguistischen Programmierens (NLP) an. „Die Bundesregierung sieht jede Art manipulativer Gesprächsführung äußerst kritisch und lehnt diese ab“, heißt es in der Antwort.

Laut aktuellen vorläufigen Zahlen der Deutsche Stiftung Organtransplantation vom 30. Januar für das Jahr 2011 werden die Angehörigen in neun von zehn Fällen über eine mögliche Organspende befragt, weil der hirntote Patient seinen Willen nicht dokumentiert hat. In einem Artikel der Tageszeitung taz vom 29. Januar wurde der DSO vorgeworfen, manipulative Methoden der Gesprächsführung wie NLP zu nutzen, um Angehörige von Hirntoten zu einem Einverständnis in eine Organentnahme zu überreden. Dazu finanziere die DSO nach taz-Recherchen seit etwa Ende 2006 für ihre Mitarbeiter sowie für Krankenhauspersonal Kommunikationsseminare nach der umstrittenen Methode des NLP (siehe Themenspecial vom 02.02.12).

Weiterführende Informationen:

» Zur Themenrubrik Organspende-Entscheidung und Aufklärung

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